Leise segelnd kommen wir den weißen eisbedeckten Bergen näher. Das Wasser glitzert türkisblau im Sonnenlicht und ich komme aus dem Staunen nicht heraus. 27°C sollen es in dieser kargen Wildnis unter uns sein. Eine Zahl, die sich bei dem Anblick so unverschämt falsch anhört, dass ich noch an einen Versprecher des Piloten glaube. Die Landschaft zieht mich wie magisch an und ich ziehe zurück. Und kann es kaum erwarten, endlich in Bodo zu landen…

In diesem Jahr soll es in die Schönheit Norwegens gehen, genauer gesagt auf die Lofoten. Mit dabei ist mein ich-warte-oben-auf-dich, der seit mehr als 20 Jahren davon träumt, die Lofoten zu bereisen. Nun ist es endlich so weit… Nach unzähligen Reiseberichten stellen wir uns auf Regen, 14°C, Einsamkeit und die letzten Spuren der Mitternachtssonne ein, die auch Ende Juli nur kurz unter dem Horizont verschwinden soll. Doch am Ende wird vieles anders kommen.
Aber sind Pläne nicht da, um geändert zu werden?
Willkommen in Norwegen
Die Lofoten liegen vor der Küste Nordnorwegens und sind Teil einer circa 80 Inseln umfassenden Gruppe, die durch Brücken, Tunnel oder Fähren miteinander verbunden sind. Sie liegen im Europäischen Nordmeer oberhalb des nördlichen Polarkreises und etwa auf der selben Höhe wie Südgrönland, weisen aber aufgrund des Golfstroms ein milderes Klima auf. Quelle: www.visitnorway.de
Der Wetterpilot sollte Recht behalten.
Nachdem wir mit zwei Radkartons und zwei Seesäcken voller Radtaschen gelandet sind, werfen wir alle Kleidungsstücke von uns und machen uns auf den Weg zum Fähranleger. Es kann loslegen! Nach einer gut gelaunten Ehrenrunde auf zwei Rädern durch Bodo und vielen Herz-Lufthüpfern, finden wir uns schon bald auf der vierstündigen Fährfahrt nach Moskenes wieder. Wir haben uns entschieden, die Inselgruppe von Süden in den Norden zu durchqueren und schließlich von Tromsö aus wieder nach Hause zu fliegen. Sozusagen von  nach T.



Doch ehe wir tiefer in unsere Pläne einsteigen können, schreckt uns eine Durchsage des Kapitäns auf.
Wale in Sicht. Mit Kamera und Handy bewaffnet, stehen wir am Heck des Bootes und blicken auf unzählige Flossen, die in den Wellen direkt neben uns auf- und abtauchen. Ein Moment für die Ewigkeit.

Kulturschock
Die Fähre spuckt unzählige Wohnmobile, Autos mit Wohnwagen, Dachzelten und Gepäckboxen aus und uns mittendrin. So entschließen wir uns, trotz der späten Uhrzeit, nicht gleich auf den ersten Campingplatz zu fahren, sondern noch ein Stück in Richtung Süden, um uns ein ruhigeres Eckchen zu suchen.
Denn schließlich gibt es in den nordischen Ländern das Jedermannsrecht, welches besagt, dass man überall dort campieren darf, was nicht privat oder verboten ist.
Doch die Realität macht uns einen Strich durch die Rechnung. Die Landschaft zeigt sich dicht bebaut und an jedem Stück Natur tauchen Camping-Verbotsschilder auf. So haben wir uns das nicht gedacht. Etwas reumütig kehren wir auf den bereits überfüllten Campingplatz zurück und freuen uns auf den ersten richtigen Tag.

Von  nach Bo oder auch: Ich fahr in die Stadt mit  – schalalala.
Die Hitze im Zelt weckt uns früh und mit viel Abenteuerlust im Bauch brechen wir auf. Das Nordmeer glitzert im Sonnenlicht und schroffe Berge schießen aus dem Nichts empor. Rote Häuser säumen den Wegesrand, den ich mit einem Strahlen im Gesicht entlangradel. Die Landschaft ist hügelig und von vielen kleinen Kurven durchzogen. Nach ein paar Kilometer landen wir in der südlichsten Stadt – in Â. Und frühstücken die wahrscheinlich besten Kanelsnur dieser Welt.



Mit Zimt in den Mundwinkeln und Zuckerkrümeln im Herzen geht es weiter Richtung Norden. Die Natur ist atemberaubend schön. Ich kann meinen Blick kaum von den imposanten Felsgiganten wenden, die sich vor mir auftürmen, während ich mich Meter für Meter voran strampel. Wunderschön! An jedem Tunnel führt ein schmaler Asphaltweg an Fjord und Meer entlang, der nur uns zu gehören scheint. Ich sauge alles in mir auf. Die Landschaft, der salzige Fahrtwind auf meiner Haut. Und komme viel zu schnell an unserer ersten Wandertour an.

Die Geburtsstunde von Hike and Bike.
Da wir dieses Mal viel Zeit hier genießen dürfen und unsere Lofoten-Bikepacking Tour mit circa 730 km (inklusive aller Extra-Schleifen) relativ kurze Tagesetappen zulässt, haben wir uns entschieden Norwegen auch in Wanderschuhen und von oben zu sehen.
Auf Sherpatreppen auf den „Reinebringen“
2,4 km mit 440 Höhenmetern
So binden wir unsere Räder an und machen uns an den Anstieg zu unserem ersten Gipfel – dem Reinebringen. 1500 – 2000 Stufen trennen uns vom Ziel und mit jedem Schritt rücken wir näher an den Gipfel heran. Der Schweiß läuft in Strömen an meinem Kinn herab, während ich auf den ungleichen Stufen Schritt für Schritt in den Himmel steige. Unter mir tut sich ein unglaubliches Panorama auf und ich bleibe immer wieder stehen und genieße den weiten Blick.




Je höher wir kommen, desto stockender geht es voran. Vorsichtig wandern wir auf den engen Stiegen an vielen anderen Touristen vorbei, die teilweise in Gummistiefeln mit Handtasche oder aber in Hightech-Wanderkleidung vor der grandiosen Aussicht posieren und eine Pause einlegen. Einsamkeit geht anders. Doch auf dem schon recht vollen Gipfel angekommen, entschädigt die unglaubliche Aussicht für alles. Und ich bin noch ein Stück mehr in das tiefe Blau und das satte Grün der Natur verliebt. Einfach unglaublich!

Massentourismus adé?
Wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen, möchten wir uns das kleine Fischerdörfchen Reine ansehen und uns bei über 30°C mit einem Eis belohnen. Doch nachdem wir Slalom zwischen Wohnmobilen hindurch in das Örtchen hinein gefahren sind und direkt zwei Reisebusse Touristengruppen ausspucken, legen wir nur einen kurzen Boxenstopp ein und radeln weiter…
Je weiter wir uns von Reine entfernen, desto ruhiger wird es um uns herum. Ich genieße die Ausblicke, die sich vor mir auftun, das ruhigen Surren der Reifen auf Asphalt. Der Wind wirbelt in meinen Haaren ich jauchze innerlich auf.

Am späten Nachmittag erklimmen wir in Flakstad einen zweiten Gipfel, der nur uns zu gehören scheint. Ein Postkarten-Panorama-Moment nur für mich. Ohne Namen und ohne Ansprüche. Einfach schön.

Auf einem Campingplatz in der Nähe endet der Tag schließlich mit Karibikstrand am Meer.
Und der Erkenntnis, dass es Schönheit nicht immer ohne Verehrer geben kann.
Tag Zwei – Taschen Packen – Flaschen auffüllen
Fast schon routiniert verstauen wir unsere sieben Sachen und machen uns auf den Weg zum ersten Tagesziel – Zumindest fast. Denn davor stehen wir jeweils 20 min vor den Campingplatz-Toiletten Schlange, da auch dieser Campingplatz aus allen Nähten platzt.
Kaum sitze ich wieder auf meinem Rad, gehört die Welt nur noch mir. Neben mir erstreckt sich ein gigantischer Sandstrand mit kristallklarem Meer – karibisch schön – Während vor mir Bergwelten mit riesigen Wasserfällen auftauchen. Der Weg führt uns an einem kleinen Bergsee vorbei in das historische Örtchen Nasfjord. Doch kaum nähern wir uns unserem Ziel ist jede Parkbucht von Wohnmobilen und Dachzeltbewohnern gesäumt und die Reisebusse stehen Schlange. Wir entscheiden uns keinen genaueren Blick in das Dörfchen zu werfen, was circa 10 € Eintritt kosten würde, dürfen aber trotzdem die kleine Bäckerei besuchen.




Und während mein Blick bei Kanelsnur und Kafe-Refill im glasklaren Fjord versinkt, bin ich froh, dass wir uns nun erstmal von den Touristengruppen entfernen werden. Und weiß noch nicht, dass damit auch die Zeit der letzten Duschgelegenkeit gekommen ist… Das Abenteuer beginnt.
Was ein schönes Abenteuer und die Bilder sagen alles. Das kommt auf jeden fall auf die ToDo Liste. Freu mich schon auf den nächsten Teil 🙂
LG Marco
Dankeschön für deine lieben Worte, Marco 😀. Ich komme im Moment kaum zum Schreiben, aber ich freue mich auch schon sehr darauf wieder alles zu durchleben.
Viele liebe Grüße,
Sara