Im frischen Radoutfit und mit jede Menge Entdeckerdrang im Gepäck geht es an die Grenze zu Burgenland: Auf in eine neue Runde, auf in eine neue Wahnsinnsfahrt.
Zeit loszuradeln.
Unkompliziert mit dem Zug nach Wien angereist, liegt der Startpunkt der Route etwa zwanzig Kilometer außerhalb des Zentrums in der Stadt Schwadorf. Direkt am Startpunkt wird mir bewusst, weshalb man sagt, dass in Burgenland immer die Sonne scheint. Zum Einen liegt das sicherlich an den wunderschönen Sonnenblumenfeldern, die uns einen Großteil der Route begleiten werden. Oder an den Getreideholmen, die das Strahlen des Himmels spiegeln. Aber vor allem auch daran, dass über den blauen Himmel kein einziges Wölkchen zieht…
Zurück auf Anfang
Ich bin unterwegs auf der Gravel-Austria-Route: Die Gesamtstrecke führt auf 3000 Kilometern mit 50000 Höhenmetern einmal komplett an der österreichischen Grenze entlang und zeigt die ganze wunderschöne Bandbreite des Landes: Berg- und Flusslandschaften, malerische Seen und Felder. Kombiniert mit knackigen Anstiegen und einem Hauch Apfelstrudel. Burgenland liegt ganz im Osten Österreichs und gilt als das kleinste Bundesland. Weite Felder, Burgmassive und Weinanbaugebiete laden ein der 350 km langen Strecke mit 3100 Höhenmetern zu folgen.
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Tag Eins – Von Schwadorf nach Sopron (Ungarn)
Wir ziehen los. Und folgen einer Asphaltstraße aus dem Ort heraus. Die Luft schmeckt nach Kindheitserinnerung und Sommerurlaub. Auf den Feldern drehen Mähdrescher ihre Runden, die von hungrigen Störchen verfolgt werden. Während ich mit knurrendem Magen überlege mich dazuzugesellen, finden wir uns schon bald zwischen Weinreben und Erdkellereingängen wieder.
In seichtem Auf und Ab lassen wir den Moment hinter uns. Ich trete in die Pedale und spüre den warmen Fön-Wind, der mir entgegenweht. Mich umgibt leise Stille und ich höre nur das Rattern der Räder auf Asphalt. Ich bin glücklich.
Mit einem Mal stehe ich vor einem großen Betonklotz.
„Die Durchfart ist gespert“
Im ersten Moment verwirrt, sehe ich bald die Hinweisschilder, die an vergangene Zeiten erinnern: Direkt hinter dem Feld liegt die Stadt Bratislava. Nach kurzer Besuchs-Überlegungszeit radle ich weiter. Und entdecke dafür bald ein wunderschönes Schloss, das aus jedem Märchenbuch entsprungen sein könnte.
Drahtesel-Parkplatz
Die Sonne scheint ohne Unterlass und wir halten immer wieder im Schatten der Bäume. Auf der Strecke gibt es überall mit Sonnensegel überspannte Rastplätze. Schließlich finden wir einen kleinen Biergarten und parken kurzerhand an der Klimaschutzumsetzungsgerätfestmachstelle. Abkühlen – Energie tanken.
Ohne es zu merken, ist der Tag bereits weit ins Land gezogen. An der Grenze zu Ungarn türmen sich dunkle Wolken auf. Gewittermomente. Wir entschließen uns noch bis in die nächst größere Stadt Sorpron zu fahren, in der Hoffnung, dass uns das Wetter verschont. Vergeblich. Wind zieht auf und schon bald zucken die ersten Blitze über den Himmel.
Im Regengeprassel erreichen wir das schöne Stadtzentrum in Ungarn und rechnen mit glühenden Köpfen fünfstellige Umrechnungsbeträge aus.
Tag Zwei – Von Sopron nach Schlaining
Von der Wärme des Tages geweckt, beginnt der zweite Tag auf der Burgenland-Route früh. Auf Schotterwegen verlassen wir voller Tatendrang die Stadt. Doch irgendwas ist falsch. Irritiert horche ich auf. Mein Hinterreifen hat an Luft verloren – zu viel Luft.
Wir müssen unterbrechen und ich-warte-oben und ich entdecken eine Tackernadel, die mich offenbar auf meinem Weg begleiten wollte. Mit sorgenvollem Gesicht meinerseits und viel Tatendrang seinerseits gehen wir ans Werk: Nach kurzer Reparatur, einem neuen Ventil, etwas Dichtmilch und Gaskartuscheneinsatz fahren wir beiderseits gut gelaunt über die Grenze nach Österreich zurück. Glück gehabt.
Lohnende Eispausen
Die schmalen Asphalt-Wege werden zunehmend welliger und die kleinen kurzen Anstiege machen sich im Sonnenschein bemerkbar. Mit jauchzendem Herzchen entdecken wir eine Eisdiele und lassen es uns bei Café und echten Wiener Manner-Schnitten gut gehen. Nach Anstieg und Abfahrt folgt ein letzter steiler Anstieg ehe sich mein Herz im wunderschönen Ort Schlaining verliert. Zeit anzukommen.
Tag Drei – Von Schlaining nach Jennersdorf
Obwohl erst der dritte Tag in Burgenland wartet, melden sich langsam die schweren Beine der vergangen Radtage. So lasse ich es mir im Hotel gut gehen, genieße Croissants und den kühlen Schattenmoment.
Der letzte Tag wartet.
Wir satteln unsere Taschen und füllen zum letzten Mal unsere Flaschen auf. Aufgaben, die in den letzten Tagen zur Routine geworden sind, und die ab morgen keine Routine mehr sein wird.
Etwas wehmütig sause ich den Berg hinab und werfe einen letzten Blick auf den hübschen Ort. Zeit nach vorne zu schauen. Die Felder werden nach und nach durch kleine Waldstücke und Weinanbaugebiete abgelöst. Wir folgen viele Kilometer dem Jubiläumsradweg, der seinem Namen alle Ehre macht.
Obwohl uns die eine oder andere Weinwirtschaft anlacht, fahren wir weiter. Genießen den Schatten der Wälder und die Auswahl einiger Selbstbedienungsbüdchen am Wegesrand.
Wir pedalieren uns immer steiler werdende Anstiege hoch und ich jauchze beim Hinunterrasen. Kurz vor dem Ziel entdecken wir eine Gastwirtschaft, trinken Johannisbeerschorle und reflektieren die Eindrücke der letzten Tage – Von Storchnestern und -flugversuchen, Getreidefeldern und Wiesenwäldern.
Mit einem Kloß im Hals passieren wir schließlich einen letzten Gipfelort, ehe uns der Track im Ortszentrum von Jennersdorf verlässt : Sie haben Ihr Ziel erreicht. Das Ziel liegt vor Ihnen.
Stolz stoppen wir die Radcomputer und fallen uns in die Arme. Feiern bei Krautsuppe und Schwammerlgulasch die gelungene Tour.
Und wissen schon beide, dass die nächsten Teile der Gravel-Austria Route nicht lange auf sich warten lassen.