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Mein Jahr 2020

Manchmal muss man das Chaos nur ein bisschen schütteln und es wird ein Wunder daraus

Dezember – Zeit zur Ruhe zu kommen. Zeit um Durchzuatmen. Zeit um Zurückzublicken. Normalerweise ist das der Artikel, in dem ich ein außergewöhnliches Event nach dem anderen in den Himmel loben würde, gefolgt von emotionsgeladenen Bildern meiner tollsten Erfolge und nicht vorhandenen Platzierungen – nur um zum Ende eine Lauf-Anekdote nach der anderen rauszuhauen und aller Welt zu erzählen, wie toll mein Jahr doch war. Stattdessen sitze ich in vor einem blütenweißen Blatt und starre ins Leere. Ich habe tolle Veranstaltungen erlebt, persönliche Projekte begonnen und viele Dinge über mich gelernt – und doch ist es ein Jahr, dass ich nicht richtig greifen kann.

Innerlich bin ich dieses Jahr mehr als einmal in mir zusammengesackt und habe den Satz „Ich will, dass einfach alles normal ist“ vermutlich so häufig verwendet, wie noch nie in meinem Leben zuvor. Das Wort „Schlaganfall“ hat für mich eine ganz neue Bedeutung bekommen, wird mich unterbewusst noch einige Zeit in Angst und Schrecken versetzen und mir die Tränen in die Augen treiben. Und in der ganzen Zeit sind Fremde zu Freunden geworden und Freunde wieder zu Fremden. Der ganz normale Wahnsinn eben.

Ein Jahr voller Emotionen, Tränen und Momenten der Fassungslosigkeit – im positiven, wie im negativen Sinne

Als das Jahr noch jung und ich noch etwas grüner hinter den Ohren war, habe ich still und heimlich einen Ultramarathon und eine neue Halbmarathonbestzeit auf meine 2020-Wunschliste gesetzt. Und als mein Laufjahr im Februar mit dem Kristallmarathon im Salzbergwerk startete, dachte ich, dass mich nichts mehr aufhalten könne: Als frisch gepökelte Salzmarathoni spazierte ich durch die Veranstaltungswelt und habe eine Wettkampf-Anmeldung nach der nächsten getätigt – die jedoch -oh Wunder- recht bald storniert wurden.

Stattdessen haben Wörter wie Lockdown, Quarantäne oder Distanzunterricht von mir und meinem Leben Besitz ergriffen und mich ordentlich durchgerüttelt.

Da ich nicht zum Osterhasenrasen nach Wangerooge reisen konnte, habe ich zu Hause meine eigene kleine Hasenjagd begonnen und bin über Ostern die ersten 5 Etappen des Eifelsteigs gelaufen. Leider erfolglos – zumindest was den Hasenbraten betrifft. Dafür mit einem noch größeren Lachen auf den Trails und ganz viel Freude vor der eigenen Haustür.

Kurz darauf lief ich meinen ersten virtuellen Zuhause-Marathon Ende April, den ich als längsten Longrun meines Lebens durchgehen lasse. Während für viele die Bedeutung von virtuellen Läufen, Strava-Segmenten und Challenges 2020 eine Hauptrolle im Läuferleben eingenommen hat, habe ich mich hingegen bemüht, das allererste Mal nach einem richtigen echten Trainingsplan zu trainieren bzw. genauer gesagt nach einem Triathlonplan für eine olympische Distanz.

Mit viel Struktur und noch mehr Schweiß quälte ich mich durch die in fröhlichen Farben gefärbten Sport-Einheiten, bis ich nach 9 Wochen Training „erlöst“ wurde, weil auch diese Veranstaltung abgesagt wurde.

Schade Marmelade, aber et kütt eben wie et kütt und et hätt noch immer jot jejange. Wir sehen uns 2021 wieder.

Jede Gelegenheit ist auch eine neue Chance

Während ich viel Zeit zu Hause verbrachte und mir dabei fröhlich meine Haare gerauft habe (Friseure durfte man zu der Zeit ja eh nicht aufsuchen), machte ich für mich persönlich 2020 zum „Jahr der Möglichkeiten“. Jede Gelegenheit kann auch eine Chance sein und so versuchte ich, etwas aus diesem verrückt-verrutschen Jahr zu gewinnen.

In meinem Hinterkopf wohnte lange ein kleines Engelchen, dass mir einflößte, einen eigenen Blog zu gründen. Doch der böse Teufel war viel präsenter und sprach davon, dass all‘ meine Gedanken und Texte belächelt werden würden. Er sagte, dass ich nicht gut genug bin und es nicht schaffen würde, meine Gefühle zu transportieren. Doch im Sommer 2020 gab ich dem kleinen Engelchen eine Chance und so ist meine „Laufzeile“ entstanden. Und jetzt, ein paar Monate später, bin ich heimlich ganz schön stolz auf meine kleine Blogger-Welt und dem kleinen Engelchen sehr dankbar.

Neben virtuellen Läufen ist in der Läuferwelt auch das Laufen in Gruppen mehr in den Fokus gerückt.

Schließlich sind Menschen fast wie Mandarinen und die gehören auch in ein Netz mit anderen Früchtchen. Neben tollen Läufer-Menschen, habe ich unter anderem auch Trampelpfadlauf kennengelernt, die wunderschöne Trailläufe in der Eifel (und im Taunus) anbieten. Und nach den ersten paar Gruppenläufen, freue mich jetzt schon wieder irrsinnig auf die nächsten Touren im neuen Jahr.

So bin ich – mehr durch Zufall – in mein absolutes Laufhighlight dieses Jahr gerutscht: Der Lauf durch die Sommernacht – von der Dämmerung bis zum Morgengrauen oder auf Englisch ausgedrückt (weil’s einfach cooler klingt) „From Dusk till Dawn“ mit Trampelpfadlauf im Juli. Ich denke unglaublich gerne an die tolle Nacht, die lieben Menschen und vor allem an das erste Frühstücksbrötchen des Tages zurück.

Kurz darauf folgte ein weiteres Highlight und so nebenbei bemerkt auch mein größtes Laufevent des Jahres: der 80km Ultramarathon im August von Wuppertal über Solingen bis nach Köln. Gemeinsam mit 20 anderen Laufverrückten ging es über 10 Stunden über das Pflaster dieser Welt – oder zumindest über einige schöne Waldpfade in NRW bis ich mit Tränchen in den Augen vor meinem geliebten Dom saß.

Und da man alles mal mitnehmen muss, was uns die Coronasituation so zu bieten hat, begab ich mich kurz darauf in eine Quarantäne – man soll doch jede Chance nutzen, oder wie war das?

Begleitet von hunderten Mücken, tausenden Schimpfwörtern und bestimmt einer zig Milliarden Wendemanövern in meiner Hauseinfahrt, habe ich die Quarantänezeit zu meinem eigenen kleinen Sportprojekt gemacht und alles gegeben, um ohne innere Kratzer und Blessuren aus der Sache herauszukommen.

Im Oktober probierte ich mich dann tatsächlich an einem offiziellen Coronakonformen Wettkampf und lief einen richtigen Halbmarathon – der dann ein paar Kilometer länger wurde – beim Kölner Herbstlauf mit. Mit Mundschutz im Startbereich und ohne Verpflegung im Laufbereich (oh Freude), war ich dann unglaublich stolz, endlich wieder eine Medaille entgegenzunehmen. Und das sogar mit neuer persönlicher Bestzeit so kurz vor meinem bösen 30. Geburtstag.

Und wenn wir bei Geburtstag sind, muss ich natürlich auch an mein größtes Geschenk im Jahr 2020 denken: an einen kleiner Camper, der Einzug in meinem Leben gehalten hat. Zusammen haben wir den Wind und Regen in Dänemark gespürt, Citytrails in Deutschland erkundet, das Ruhrgebiet und die Pfalz ausgekundschaftet und dabei Sonne und Frost gestrotzt. Er ist nicht immer ganz pflegeleicht, versteckt beispielsweise seinen Schlüssel zwischen Sitzritzen und treibt einem so in Dänemark die Schweißperlen auf die Stirn. Und doch sind wir ein ziemlich gutes Team geworden und ich bin gespannt, zu welchen magischen Orten er mich im nächsten Jahr begleiten wird.

Dieses Jahr war ein Jahr, das mir und uns vieles abverlangt hat. Ein Jahr, in dem jeder von uns Launen abzufangen hatte und sich auf das Wesentliche besinnen musste. Und doch war es ein Jahr voller Möglichkeiten.

Ich habe viel gelernt und noch mehr gezweifelt – In diesem Sinne: 2021…ich bin gespannt, welche Überraschungen du bereithalten wirst.

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Es war einmal – ein sehr persönlicher Jahresrückblick

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7 Gedanken zu „Es war einmal – ein sehr persönlicher Jahresrückblick

  1. Liebe Sara,
    ich wünsche Dir für 2021:
    Ein zumindest genauso erlebnisreiches Jahr, vielleicht aber etwas planbarer 😅, wie 2020.
    Einen zuverlässigeren Camper ohne solche kleinen Späßchen mit Schlüsseln, der dich an noch ganz viele interessante Orte bringt und wieder zurück.
    Ein weiterhin so dermaßen gutes Händchen zum Schreiben deines wunderbaren Blogs!
    Aber vor allem Gesundheit, Lebensfreude und Unternehmungslust, die Welt für dich zu entdecken!
    Bleib so wie du bist, mach weiter so und toi toi toi 🤗!

    1. Lieber René,
      danke für deinen lieben Kommentar, die herzlichen Worte und die guten Wünsche. Ich drücke dir auch feste die Daumen, dass du in ein aufregendes und erfolgreiches neues Jahr startest 😀. Bleib gesund und feier ein schönes Weihnachtsfest, Sara

  2. Ein sehr schöner Beitrag mit vielen Höhen und Tiefen. Es macht Spaß zu lesen und die eine oder andere Geschichte kenne ich ja schon. Ob ich einen Rückblick schreiben werde weiß ich noch nicht. Es wird noch verarbeitet…… 👀

    Aber Ziele für 2021 sind gesetzt und die werden mit und ohne Corona angegangen.

    Bleib gesund und mach weiter so 👏

    LG Marco

    1. Das kann ich gut verstehen. Dein Leben hat dieses Jahr nochmal ganz andere Täler durchschritten. Ich bin froh, dass ich dich auf deinem Weg dieses Jahr kennengelernt habe und bin gespannt, welche Ziele du im neuen Jahr angehen wirst.

      Liebe Grüße,
      deine Sara

  3. Hallo Sara,

    dein Jahresrückblick klingt doch sehr spannend und Du kannst stolz auf das erreichte in 2020 sein!!!!!

    Du hast so viele tolle Dinge erlebt. Ich bin mir sicher, dass einige Leute nur allzu gerne einen Bruchteil davon mitgemacht hätten.

    Ich freue mich auf weitere spannende Geschichten von Dir.

    Somit wünsche ich Dir einen guten Rutsch ins neue Jahr und hoffentlich bald ein gemeinsames Trailerlebnis.

    Wie war das mit dem Trans Alpin Run noch mal?? ;-))

    1. Vielen Dank Marcus 😀,
      das ist sehr lieb von dir. Beim Aufschreiben dachte ich tatsächlich auch, dass ich eigentlich ein sehr spannendes Jahr erlebt habe. Ich bin gespannt wie das nächste Jahr weitergeht 😏✨.
      Ich kann mir leider keinen Urlaub für den Transalpine Run nehmen 😒. Sonst wäre der bestimmt schon heimlich auf der Liste gelandet 😯🤔.

      Liebe Grüße, Sara

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