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Von Einruhr nach Gemünd

Ostern- Anpfiff zum Heimspiel

Heute steht Etappe 4 auf den Kopfkarten, die man Planung nennt. Und vielleicht auch Etappe 5. Aber eigentlich ist das im Moment auch alles ziemlich egal, denn schließlich ist heute der Tag an dem der Osterhase geboren wurde und nachts die Ostereier durch den Kamin wirft. Oder so ähnlich. Die Bedeutung scheint den meisten in der heutigen Zeit eh nicht mehr so wichtig zu sein. Während ich mir noch Gedanken darüber mache, in welcher Tasche meiner Weste sich wohl am besten Ostereier transportieren lassen, werde ich schon wieder zum Aufbruch gedrängt. Auf dem Weg zum Startschild schaue ich mir nochmal das Streckenprofil an:

Etappe 4: 21,2 km (667hm Aufstieg und 616hm Abstieg)

Etappe 5: 17.4 km (640hm Aufstieg und 481 hm Abstieg)

In mir kommen Zweifel auf, ob ich tatsächlich heute über 38 km laufen werde. Wenigstens fühlt sich meine Trailweste wieder leichter an. Vielleicht hatte der Osterhase hier ja doch etwas von seiner Beute zwischengelagert. Motiviert und mit überraschend leichten Beinen losgelaufen, werde ich nach einigen hundert Metern direkt von einem steilen Anstieg durch eine Häusergasse ausgebremst. Wer im Tal anfängt, sollte sich eigentlich nicht darüber wundern. Tue ich aber trotzdem. Ich fühle mich ein bisschen wie im Wanderurlaub und trotzdem ist mir leicht ums Herz. Oben angekommen, erwartet mich ein traumhafter Blick über den in der Sonne glitzernden Rursee. Nur ein paar Kilometer von zu Hause entfernt, fühle ich mich gleichzeitig so fremd und frei wie lange nicht. Ich betrachte die gemütlichen Wanderwege, die baumbepflanzten Hänge und die Rillen von Traktorreifen auf Waldboden wie mit fremden Augen. Wunderschön. Heute erwartet mich ein stetiges Auf und Ab und die meisten Pfade bin ich bereits abgelaufen. Die Wege sind breit, gut befestigt und können auch als Mountainbike-Anfänger befahren werden – da spreche ich aus Erfahrung :-). Die Kilometer lassen sich schnell ablaufen – nur die Steigungen zur Geisterstadt Wollseifen und Vogelsang sind etwas knackiger. Und obwohl der erste Teil der Strecke bereits 670 hm hat, kommt mir die Strecke einfach und schnell gelaufen vor. Vielleicht fällt einem ein Heimspiel doch leichter. Oder es ist die Aussicht auf den Schokohasen, den ich bei einem kurzen Zwischenstopp zu Hause nach Etappe 4 beinahe inhaliere.

Eifelsteig Etappe 5

Von Gemünd nach Kloster Steinfeld

Wer so locker flockig und fast noch in den frühen Morgenstunden Etappe 4 abreißt, überlegt natürlich nicht lange, ob man noch Etappe 5 laufen sollte. Natürlich wird weitergelaufen! Mit vollen Schokoladenbäuchen und Wasservorräten, geht es weiter durch den Ort. Und obwohl es sich nach neuem Aufbruch anfühlt, merkt man doch, dass alles nicht mehr so ganz frisch ist. Jeder noch so kleine Anstieg macht sich in den Beinen bemerkbar. Nach dem mit Touristenaugen gesehen eigentlich ganz hübschen Ort Gemünd, geht es durch den Wald steil den Berg hoch. Vielleicht sollte ich doch wieder umkehren? Weiterlaufen scheint mir im Moment eine ganz blöde Idee gewesen zu sein. Ich war auf Schokolade… wer soll denn da auch bitte klar denken können? Aber mitgehangen, mitgefangen geht es Schritt für Schritt den Berg hinauf. Ich versuche immer wieder laufend voran zu kommen. Schließlich habe ich noch einiges vor mir. Flache Stücke zwischendrin unterbrechen mich immer wieder in meinem Zweifeln und stimmen mich optimistisch. So viele Kilometer sind es schließlich nicht mehr. Bergab erwartet mich ein wunderschönes Trailstück, dass mein Läuferherz schneller schlagen lässt und mich fragen lässt, warum zum Teufel ich diesen Weg bisher noch nicht kannte. Hinter einem kleinen Ort geht es wieder weiter einen Wirtschaftsweg den nächsten Hügel hinauf.

Die Worte werden einsilbiger. Ich merke, dass ich heute mehr mit mir und meinem Körper beschäftigt bin und doch sauge ich alles um mich herum auf. Die Landschaft, die zwitschernden Vögel und die Kieselsteine auf dem Boden. Ich beginne langsam die Kilometer herunter zu zählen. Verrückt, was ein paar Trails und Höhenmeter bewirken können. Der Weg führt durch zahllose Wälder, bietet jedoch nur wenig Abwechslung. Ich bin um die schattenspendenden Bäume froh und gleichzeitig immer wieder gewillt, Pausen zu machen. Dabei weiß ich selber, dass ab einer gewissen Kilometeranzahl Pausen nicht unbedingt das Klügste sind. Deshalb nehmen wir uns vor, auf den letzten 10 km nicht mehr anzuhalten. Nach gefühlt nicht enden wollenden Kilometern, wird mein Kopf nochmal wachgerüttelt, als ich auf einem hübschen Singletrail auf und ab hüpfe. Obwohl das Hüpfen vermutlich eher wie ein Stolpern aussieht und das Wachschütteln eher nach Schleudertrauma, freue ich mich sehr darüber. Endlich wieder was los! Bergab, bergauf. Nicht stehen zu bleiben tut weh und laufen sowieso. Ich versuche meine Uhr zu hypnotisieren, doch die Kilometer laufen nicht schneller herunter. Das letzte wirklich wunderschöne Stück durch den Wald begegnen mir viele Osterwanderer. Doch in dem Moment ist mir das ziemlich egal. Der alten Frau, die mir schelmisch entgegenruft, ob mich mein Begleiter denn schon abgehangen hätte, hätte ich am liebsten ins Gesicht gepfeffert, dass sowas nach 36 km eben schon mal vorkommen kann. Ich bin froh, dass ich so kraftlos bin, dass ich es nur zu einem müden Lächeln schaffe. Die arme Frau kann schließlich auch nichts dafür, dass ich so fertig mit der Welt bin.

Als ich endlich Licht am Ende des Waldes sehe, weiß ich, dass es nicht mehr weit ist. Abgekämpft und doch federleicht schweben wir die letzten Meter bis zum heiligen Grahl, zum Stein der Weisen oder auch zum Eifelsteigsymbol. Es ist Ostern. Nicht nur im Kühlschrank, sondern auch im Herzen.

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Eifelsteig Etappe 4 und 5

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