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Mikroabenteuer, Vanlife, Campertrip – Oder auch meine zweite ganz-alleine-Tour. Die Äpfel fallen, die Blätter vergehen. Und mit der Schönheit und Intensität eines Apfelpfannkuchens neigt sich das Jahr langsam seinem Ende entgegen. Zeit, ein letztes Mal die Farbenpracht zu genießen und mit dem kleinen Camper in die Schwere des Sonnenuntergangs zu reiten.

Landesgrenzen-Hopping

Die Tasche ist gepackt, der Kopf auch. Mit viel guter Laune und dem ersten Schokolebkuchen des Jahres sind die Segel gen Süden gesetzt. Nach etwas Recherche und viel Vorschlageglück, habe ich mich dazu entschieden ins Saarland zu fahren. Einige Tage die Freiheit zu genießen und das laue Leben zu spüren. Und so erreiche ich in strahlendem Sonnenschein den Erbeskopf oder auch „die höchste Praline in Rheinland-Pfalz“; und mache mich mit klopfendem Herzen und ohne Stock und Hut auf den Weg zu meiner ersten Traumschleifentour.

Traumschleifen Saar-Hunsrück

Die Traumschleifen sind Premiumwanderwege, die zwischen 6 und 18km weit und entlang des Saar-Hunsrück-Steigs angeordnet sind. Die allesamt mit einem pinken Symbol gut ausgeschilderten Wege führen durch tiefe Wälder und an fantastischen Aussichtspunkten vorbei. Mittlerweile gibt es 111 Traumschleifen Rundwege, die stetig aufgearbeitet und ergänzt werden. Weitere Infos unter https://www.saar-hunsrueck-steig.de/traumschleifen

Gipfelrauschen.

Nachdem der erste steile Anstieg passiert ist, stehe ich vor einer wunderschön in die Landschaft integrierten Aussichtsplattform – dem Gipfel des Erbeskopf. Ich fühle die warme Luft und werfe alle Kleider von mir. Mit einem Herzen voller Freude schweift mein Blick über bunte Wälder und blauen Himmel. Ich wander weiter. Folge den Schildern, die es gefühlt wie Sand am Meer gibt. Der Weg führt mich auf kleinen Trampelpfaden durch den Herbstwald und über die schmalen Stege einer Moorlandschaft. Die Kilometer verrinnen auf dem weichen Boden und so gelange ich viel zu schnell wieder am Startpunkt an. Und stehe etwas unschlüssig in der Landschaft herum.

Abendromantik

Da mir der Parkplatz ruhig und sicher erscheint, entscheide ich mich für die Nacht zu bleiben. Koche und esse, lese und träume. Mit jeder Stunde wird das tiefe Schwarz des Waldes dichter. Ich höre Blätter rauschen und Tiere rascheln. Außer einem weiteren Camper, der in den späten Abendstunden gekommen ist, stehe ich alleine in der Tristesse der Nacht. Im spürbaren Nichts. Und so lasse ich mich nach den ersten 500 gelesenen Buchseiten, bald, feste eingekuschelt in mein Dachzelt, von der Müdigkeit übermannen.

Kaffeekochen, Parkplatztreiben.

Glück auf!

Da das Wetter sich von seiner oktoberhaftesten Seite zeigt, zieht es mich dem Grau des Himmels hinterher zum Besucherbergwerk Fell. Auf dem Weg dorthin schippere ich durch ein gigantisches buntes Blättermeer, während jegliche Akkus endlich wieder Land in Sicht haben.

Besucherbergwerk Fell – In dem seit 1997 für Besucher begehbaren Stollen kann man sich während der ein stündigen Führung einen guten Eindruck vom Schieferabbau des 19. Jahrhunderts machen. Umgeben von dichten Schieferwänden wird man durch imposanten Abbaukammern und über die schmalen Förderstrecken vergangener Zeiten geführt. Infos unter https://www.museum.de/museen/besucherbergwerk-fell

Endlich zurück bei Tageslicht, scheint mir die Sonne warm entgegen. Nach Kaffee, Teilchen und wilder App-Sucherei fahre ich tiefer ins Saarland hinein und lande mitten in einem kleinen malerischen Kurpark auf einem offiziellen kostenfreien Stellplatz. Und stelle bald fest, dass die zentralste Lage, nicht immer die Beste ist:

Toilette oder nicht Toilette – das ist hier die Frage

Die Frage, die jedem auf der Zunge liegt und die doch kaum einer zu fragen wagt, ist die Gretchenfrage: „Wie hälst du’s mit dem Toilettengang“. Der Marco Polo kann zwar mit einem 40 l Tank und eiskaltem Wasser dienen, das man wahlweise für Waschbecken oder Außendusche verwenden kann, eine eingebaute Toilette findet man jedoch nicht. Sicherlich gibt es viele Möglichkeiten portabler Campingtoiletten oder aber alternativerer Varianten – beispielsweise bestehend aus Tüten mit Katzenstreu. Da ich aber persönlich ein großer Freund der Floskel „Man defäkiert nicht dort wo man speist.“ und im Gegenzug kein Freund solcher Toilettenlösungen bin, nutze ich lieber öffentliche Toiletten, frage in Cafés oder Tankstellen nach oder erfreue mich an wilden Klappspatengrabungen.

In einem dicht besiedelten Ort, der weder mit dem einen, noch mit dem anderen aufwarten kann oder aber die öffentlichen Toiletten coronakonform abgeriegelt sind, heißt es deshalb manchmal: Arschbacken zusammenkneifen.

Spontan ist immer am Besten

Mit einem Sprung ins kalte Wasser, womit nicht nur eine eiskalte Haarwäsche gemeint ist, treffe ich mich am nächsten Morgen bei schönstem Nieselregen in Losheim am See mit einem noch unbekannten Bekannten. Gemeinsam wollen wir die T23 des Losheimer Trailfestivals ablaufen. Auf den circa 21 km erzählen wir viel und kraxeln noch mehr. Mit müden Beinen trippel ich über wunderschöne Wurzelwege und atme die Schwere der Morgenluft ein. Der Wald riecht nach feuchter Erde und Ruhe.

Wir laufen an schroffen Felsen vorbei und immer wieder strahle ich vor Freude auf, wenn ich die schmalen Pfade zwischen den bunten Bäumen erblicke. Der Weg führt uns weiter den Berg hinauf und durch einen kleinen Ort. Erleichtert, dass wir den höchsten Punkt hinter uns gelassen haben, hechel ich meinem Begleiter hinterher. Lasse meinen Blick über Wiesen und Felder schweifen. Mit fliegenden Beinen vergehen die nächsten Kilometer im wahrsten Sinne des Wortes wie im Flug und mit einem Mal stehen wir an der Wasserkante des malerischen Sees.Und kommen schon bald mit hüpfendem Herzen und schlammverkrusteten Beinen klitschnass und mit laufender Nase am Startpunkt an. Finisherglück.

Das letzte Stündlein hat geschlagen

Sturmböen-Warnung. Da ich dieses Jahr scheinbar beim einarmigen Banditen alle Wetterphänomene dieser Welt gezogen habe, wundert es mich nicht, dass mir das Radio Sturmböen und starken Wind prophezeit. Und da ich meinen Cowboyhut zuhause lassen musste, entschließe ich mich die Nacht im Inneren meines kleinen Rodeo-Pferdes zu verbringen, der sowohl oben als auch unten je einen 1.40m breiten und 2m langen Schlafplatz zu bieten hat.

Obwohl es mir an nichts fehlt, die Tage aufregend und die Sonnenscheintage grandios sind, breitet sich in mir langsam ein Gefühl der Einsamkeit aus. Ich blicke gegen finstere Scheiben, bin alleine in der dunklen Nacht. Höre die Geschichten des Windes und den Regen, der gegen Türen trommelt. Bei Tee und Krimi, der vom dem Heulen des Windes und dem Scharren von Steinen musikalisch begleitet wird, falle ich bald in einen unruhigen Schlaf. Und bin erleichtert, als die Nacht vorüber ist. Da weiterhin Wanderwege gesperrt sind und bis zum Nachmittag Sturmwarnungen vorliegen, beschließe ich, mir mein Highlight der Tour, die Saarschleife, für ein nächstes Mal aufzusparen.

Und weiß, dass ich bald wiederkehren möchte.

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Mit dem Camper im Saarland – Eine ganz Alleinetour

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