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Von Kloster Steinfeld nach Blankenheim

Manchmal muss man ein Pferd von hinten aufsatteln.

Als Kind habe ich unter vielem Geschrei und noch mehr Tränen gelernt, dass alles eine bestimmte Reihenfolge hat: Erst das Mittagessen, dann der Nachtisch. Der Adventskalender fängt mit der 1 an und nicht mit dem ganz großen Türchen in der Mitte. Und: Eine Geschichte beginnt man von vorne zu lesen und nicht dort, wo die schönen Bilder sind…

Doch trotzdem stehe ich an einem sonnigen Märzmorgen am Startpunkt der 6. Etappe des Eifelsteigs, um hier zum ersten Mal Eifelsteigluft zu schnuppern. Warum ausgerechnet die sechste Etappe die Erste werden soll, weiß ich selber nicht so genau. Vielleicht weil sie offiziell mehr negative als positive Höhenmeter hat und meine Beine sich etwas müde anfühlen. Oder aber, weil eine 6 beim Würfeln besonders gut ist und das bestimmt auch für andere Bereiche gilt.

So oder so freue ich mich darauf, endlich den berühmt berüchtigten Eifelsteig kennenzulernen und stehe frierend um 11 Uhr am Eifelsteigsymbol.

Strahlend blauer Himmel. Zwischen Wanderern und Hundebesitzern bahne ich mir den Weg in Richtung verzauberter Märchenwald: Über schmale Pfade laufe ich einen in sich windenden Weg hinab, während die noch schwache Frühjahrssonne zwischen den kahlen Ästen der Bäume hindurchlinst. Ich spüre den weichen Waldboden unter meinen Füßen und hinterlasse in tiefen Schlammlöchern meinen tapsigen Fußbabdruck.

Heute erwarten mich etwa 23 km mit ca. 450 Höhenmeter Aufstieg und 540 Höhenmetern Abstieg, die mich vom Kloster Steinfeld über das Städtchen Nettersheim bis an den Ursprungsort der Ahr nach Blankenheim führen sollen.

Knusper, knusper Knäuschen…

Nach nur wenigen Metern lichtet sich der Wald und ich laufe über eine breite ausgetretene Wiese. Aus dem Augenwinkel heraus, nehme ich die alten Leitungen der Wasserversorgung vergangener Zeiten wahr und passiere ein wunderschönes kleines Hexenhäuschen. Ob ich hier wohl noch etwas Lebkuchen oder eine Lakritzschnecke finde? Vielleicht auch eine Zuckerstange? Vorsichtig recke ich meine Nase in die Höhe und schleiche langsam um die nächste Ecke. Ich schaue über die Schulter, ob mich jemand beobachtet und gehe lautlos in das Haus rein. Hallo? Ist da vielleicht jemand? Ich trete auf den festgetretenen Lehmboden und scanne jede Ecke nach Gummibärchen ab. Doch nichts. Nur leere Bierflaschen und ominöse Taschentücher. Schnell ziehe ich meine Nase zurück und mache mich lieber auf den Weg zum Ziel.

Es geht weiter in den Wald hinein. Nach den ersten schaumwölkchenleichten Bergabkilometern folgt ein sachter Anstieg. Meine Atmung wird tiefer und in mir breitet sich eine unvergleichliche Ruhe aus. Ich blinzle der Sonne entgegen und wühle mich mit meinen Fußsohlen durch die letzten vertrockneten Blätter der Wintermonate. Atme die kühle Luft ein und rieche den modrig warmen Geruch von Rinde und Nadeln. Vorsicht, Ast! Kopf einziehen und Weiterlächeln. Zum Glück kam mir gerade niemand entgegen, der das Gesehen haben könnte…

Lockdown – Wochenendverkehr

Die Wege werden stetig breiter und ich laufe an Feldern und Wiesen vorbei. Traktorspuren weisen mir den Weg und ich beneide die Reifen um ihre tolle Profilierung. Hab ich nicht noch irgendwo Trailschuhe im Schrank? Als kleiner Trecker getarnt geht es an geschlossenen Cafe’s vorbei und zu einem kurzen Abstecher in den Wald hinein.

Doch nach nur wenigen Schritten lande ich wieder auf der Waldautobahn und muss mich zwischen Menschenmassen hindurchfädeln. Hupend stehe ich im typischen Lockdown Wochenendverkehr der letzten Wochen und ärgere mich insgeheim über laut palavernde Wandergruppen, die sich über den kompletten Weg ausbreiten.

Nach einigen nervenaufreibenden Staukilometern finde ich endlich meine Abfahrt und tauche in die Tiefen des Waldes ab. Ich hüpfe über kleine Bäche und schlängel mich zwischen Büschen und Ästen hindurch. So sieht die Welt schon wieder viel schöner aus.

Ich springe und jauchze über die kleinen Wurzeln und lasse auf den schmalen Wegen die Gedanken schweifen. Rechts ab! Fast wieder am Schild vorbeigeträumt, zeichne ich eine scharfe Rechtskurve und finde mich auf einem breiten Pfad wieder. Ich lasse den Blick über die in ein zartes blau getünchten Eifelwälder schweifen und esse ein wenig Traubenzucker. Irgendwie bin ich heute nicht ganz auf der Höhe. Die nächsten Kilometer geht es stetig leicht bergauf und mir vergeht langsam die Lust.

Immer wieder wandert der Blick zu meiner Uhr und ich frage mich, ob sie wirklich richtig geht. Vielleicht ist sie ja doch noch im Winterschlaf?

Mein Bauch grummelt. Ab und zu begegnen mir Wanderer, die fröhlich erzählend ihre Rosinenbrötchen verspeisen. Ich suche den Boden ab, in der Hoffnung, dass sie ganz hänsellike vielleicht ein paar Brötchenkrumen auf dem Weg verstreut haben. Doch Fehlanzeige. Ich nage an meinem Traubenzucker und laufe brav weiter den breiten Pfad entlang. Halbmarathondistanz geschafft.

Die letzten Kilometer geht es über einen zauberhaften Trampelpfad den Berg hinab. Meine Beine schreien erleichtert auf und ich tue es ihnen gleich. Ich atme tief ein und lasse meine qualmenden Füße den Berg hinunterfliegen.

Bei dem Gedanken, dass es heute eigentlich tendenziell mehr bergab als bergauf ging, kann ich nur müde lächeln.

Der schmale Pfad windet sich regenwurmmäßig durch den Wald und ich muss immer wieder aufpassen, mich nicht an einem heruntergefallenen Ast zu verheddern. Ich laufe langsam, vorsichtig und bin immer wieder auf die scharfen Kurven des Weges konzentriert. Die letzten Meter habe ich kaum mehr einen Blick übrig für die Schönheit der Landschaft und freue mich, als ich endlich an den Treppenstufen über Blankenheim stehe. Schlusssprint!

Ich hüpfe erleichtert die Stufen hinab – stehe mitten in einem Hof und laufe ungeduldig im Kreis, bis meine Uhr endlich auf die 23 Kilometermarke umspringt. Stehenbleiben. Durchatmen. Etwas halbherzig gehe ich zum Quellenursprung der Ahr und lese mir desinteressiert die Hinweistafeln durch. Doch als ich endlich mein wohlverdientes Hexenhauskuchenstück aus einem örtlichen Café in den Händen halte, grinse ich dann doch in mich hinein: Meine ganz persönliche erste kleine Eifelsteigetappe ist geschafft.

*enthält unbezahlte Werbung und persönliche Empfehlungen

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Eifelsteig Etappe 6

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6 Gedanken zu „Eifelsteig Etappe 6

  1. Sehr schöne Strecke und mega Bilder. Da hast du dir den richtigen Tag ausgesucht. Die Suche nach dem richtigen Hexen Haus läuft auch weiter auf vollen Touren. Zum kalten Herbst hin sind auch sicher die Corona Tourer wieder verschwunden. Folgen die anderen Teilstrecken auch noch?

    LG aus dem trüben Norden
    Marco

  2. Die Eifel ist traumhaft schön 🙂 Ich war auch schon 2x dort unterwegs, während des Megamarsch Köln mit Ziel in Nettersheim.

    Bist du an dem Tag alleine gelaufen? Ich frage mich nämlich, wie du das mit den Fotos von dir hinbekommen hast 😉

    1. Hallo Stefan,
      danke für deinen Kommentar 😀. Die Eifel ist wirklich toll. Ich verliebe mich jedesmal aufs Neue in die schöne Landschaft hier.

      Nein, an dem Tag bin ich nicht alleine gelaufen 😀. Aber sonst mache ich ganz viele Bilder mit meinem Selbstauslöser.

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